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Abbauprodukte (Metaboliten) von Pestiziden können giftiger sein als die Ausgangsverbindungen, wie eine Studie zeigt.

Saubere Luft, sauberes Wasser und gesunde Böden sind unerlässlich für das Funktionieren von Ökosystemen, die in den vier Hauptbereichen der Erde interagieren und so das Leben erhalten. Toxische Pestizidrückstände sind jedoch allgegenwärtig und finden sich häufig in Böden, Gewässern (sowohl fest als auch flüssig) und der Umgebungsluft in Konzentrationen, die die Grenzwerte der US-Umweltschutzbehörde (EPA) überschreiten. Diese Pestizidrückstände werden durch Hydrolyse, Photolyse, Oxidation und biologischen Abbau in verschiedene Umwandlungsprodukte umgewandelt, die ebenso häufig vorkommen wie die Ausgangsverbindungen. Beispielsweise weisen 90 % der US-Amerikaner mindestens einen Pestizid-Biomarker in ihrem Körper auf (sowohl die Ausgangsverbindung als auch ein Metabolit). Die Anwesenheit von Pestiziden im Körper kann die menschliche Gesundheit beeinträchtigen, insbesondere in sensiblen Lebensphasen wie Kindheit, Jugend, Schwangerschaft und Alter. Die wissenschaftliche Literatur belegt seit Langem, dass Pestizide erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt (einschließlich Wildtiere, Biodiversität und die menschliche Gesundheit) haben (z. B. endokrine Störungen, Krebs, Fortpflanzungs- und Geburtsprobleme, Neurotoxizität, Verlust der Artenvielfalt usw.). Daher kann die Exposition gegenüber Pestiziden und ihren PDs negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben, einschließlich Auswirkungen auf das endokrine System.
Der EU-Experte für endokrine Disruptoren, der verstorbene Dr. Theo Colborne, stufte über 50 Pestizidwirkstoffe als endokrine Disruptoren ein, darunter Chemikalien in Haushaltsprodukten wie Waschmitteln, Desinfektionsmitteln, Kunststoffen und Insektiziden. Studien haben gezeigt, dass endokrine Störungen bei vielen Pestiziden vorherrschen, beispielsweise bei den Herbiziden Atrazin und 2,4-D, dem Insektizid Fipronil für Haustiere und den industriell hergestellten Dioxinen (TCDD). Diese Chemikalien können in den Körper gelangen, den Hormonhaushalt stören und Entwicklungsstörungen, Krankheiten und Fortpflanzungsprobleme verursachen. Das endokrine System besteht aus Drüsen (Schilddrüse, Keimdrüsen, Nebennieren und Hypophyse) und den von ihnen produzierten Hormonen (Thyroxin, Östrogen, Testosteron und Adrenalin). Diese Drüsen und ihre entsprechenden Hormone steuern die Entwicklung, das Wachstum, die Fortpflanzung und das Verhalten von Tieren, einschließlich des Menschen. Endokrine Störungen sind ein anhaltendes und zunehmendes Problem, das Menschen weltweit betrifft. Aus diesem Grund fordern Befürworter strengere Vorschriften für den Einsatz von Pestiziden und eine intensivere Forschung zu den Langzeitwirkungen der Pestizidbelastung.
Diese Studie ist eine von vielen, die belegen, dass Pestizidabbauprodukte genauso toxisch oder sogar wirksamer sind als die Ausgangsverbindungen. Pyriproxyfen (Pyr) wird weltweit häufig zur Mückenbekämpfung eingesetzt und ist das einzige von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Mückenbekämpfung in Trinkwasserbehältern zugelassene Pestizid. Fast alle sieben Pyriproxyfen-Abbauprodukte (TP Pyr) weisen jedoch eine östrogensenkende Wirkung im Blut, in den Nieren und in der Leber auf. Malathion ist ein weit verbreitetes Insektizid, das die Aktivität der Acetylcholinesterase (AChE) im Nervengewebe hemmt. Die Hemmung der AChE führt zu einer Anreicherung von Acetylcholin, einem für die Gehirn- und Muskelfunktion verantwortlichen Neurotransmitter. Diese Anreicherung kann akute Folgen wie unkontrollierte, schnelle Muskelzuckungen, Atemlähmung und Krämpfe haben. In extremen Fällen ist die Acetylcholinesterase-Hemmung jedoch unspezifisch, was zur Ausbreitung von Malathion führt. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für Wildtiere und die öffentliche Gesundheit dar. Zusammenfassend zeigte die Studie, dass die beiden Abbauprodukte von Malathion endokrin wirksam sind und die Genexpression, die Hormonsekretion sowie den Glukokortikoidstoffwechsel (Kohlenhydrat-, Protein- und Fettstoffwechsel) beeinträchtigen. Der rasche Abbau des Pestizids Fenoxaprop-ethyl führte zur Bildung zweier hochtoxischer Abbauprodukte, die die Genexpression um das 5,8- bis 12-Fache erhöhten und einen stärkeren Effekt auf die Östrogenaktivität hatten. Das Hauptabbauprodukt von Benalaxil ist länger in der Umwelt persistent als die Ausgangsverbindung, wirkt als Östrogenrezeptor-alpha-Antagonist und steigert die Genexpression um das Dreifache. Die vier in dieser Studie untersuchten Pestizide sind nicht die einzigen bedenklichen Chemikalien; viele andere produzieren ebenfalls toxische Abbauprodukte. Zahlreiche verbotene Pestizide, alte und neue Pestizidverbindungen sowie chemische Nebenprodukte setzen toxischen Gesamtphosphor frei, der Mensch und Ökosysteme belastet.
Das verbotene Pestizid DDT und sein Hauptmetabolit DDE verbleiben noch Jahrzehnte nach dem Verbot in der Umwelt. Die US-Umweltschutzbehörde (EPA) hat Konzentrationen dieser Chemikalien festgestellt, die die zulässigen Grenzwerte überschreiten. Während sich DDT und DDE im Körperfett lösen und dort jahrelang verbleiben, reichert sich DDE deutlich länger im Körper an. Eine Studie der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) ergab, dass DDE bei 99 Prozent der Studienteilnehmer nachgewiesen wurde. Ähnlich wie endokrine Disruptoren erhöht die Exposition gegenüber DDT das Risiko für Diabetes, vorzeitige Menopause, verminderte Spermienzahl, Endometriose, angeborene Fehlbildungen, Autismus, Vitamin-D-Mangel, Non-Hodgkin-Lymphom und Adipositas. Studien haben jedoch gezeigt, dass DDE noch toxischer ist als seine Ausgangsverbindung. Dieser Metabolit kann generationsübergreifende gesundheitliche Auswirkungen haben, Adipositas und Diabetes verursachen und erhöht zudem das Brustkrebsrisiko über mehrere Generationen hinweg. Einige Pestizide älterer Generation, darunter Organophosphate wie Malathion, werden aus denselben Verbindungen hergestellt wie der Nervenkampfstoff Agent Orange aus dem Zweiten Weltkrieg, der das Nervensystem schädigt. Triclosan, ein in vielen Lebensmitteln verbotenes antimikrobielles Pestizid, verbleibt in der Umwelt und bildet krebserregende Abbauprodukte wie Chloroform und 2,8-Dichlordibenzo-p-dioxin (2,8-DCDD).
Chemische Mittel der „nächsten Generation“, darunter Glyphosat und Neonicotinoide, wirken schnell und werden rasch abgebaut, wodurch die Anreicherung geringer ausfällt. Studien haben jedoch gezeigt, dass bereits niedrigere Konzentrationen dieser Chemikalien toxischer sind als ältere Substanzen und dass dafür mehrere Kilogramm weniger benötigt werden. Daher können die Abbauprodukte dieser Chemikalien ähnliche oder sogar schwerwiegendere toxikologische Wirkungen hervorrufen. Untersuchungen belegen, dass das Herbizid Glyphosat in einen toxischen AMPA-Metaboliten umgewandelt wird, der die Genexpression verändert. Darüber hinaus sind neuartige ionische Metaboliten wie Denitroimidacloprid und Decyanothiacloprid für Säugetiere 300- bzw. etwa 200-mal toxischer als der Ausgangswirkstoff Imidacloprid.
Pestizide und ihre Transkriptionsfaktoren können die akute und subletale Toxizität erhöhen und dadurch langfristig Artenreichtum und Biodiversität beeinträchtigen. Verschiedene Pestizide, sowohl frühere als auch aktuelle, wirken wie andere Umweltgifte, und Menschen können diesen Substanzen gleichzeitig ausgesetzt sein. Häufig wirken diese chemischen Schadstoffe zusammen oder synergistisch und rufen so schwerwiegendere kombinierte Effekte hervor. Synergien sind ein häufiges Problem bei Pestizidgemischen und können die toxischen Wirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt unterschätzen. Daher unterschätzen aktuelle Umwelt- und Gesundheitsrisikobewertungen die schädlichen Auswirkungen von Pestizidrückständen, Metaboliten und anderen Umweltgiften erheblich.
Es ist von entscheidender Bedeutung, die Auswirkungen endokrin wirksamer Pestizide und ihrer Abbauprodukte auf die Gesundheit heutiger und zukünftiger Generationen zu verstehen. Die Ursachen von durch Pestizide verursachten Krankheiten sind noch unzureichend erforscht, insbesondere die vorhersehbaren zeitlichen Verzögerungen zwischen Chemikalienexposition, gesundheitlichen Auswirkungen und epidemiologischen Daten.
Eine Möglichkeit, die Auswirkungen von Pestiziden auf Mensch und Umwelt zu reduzieren, ist der Kauf, Anbau und die Pflege von Bio-Produkten. Zahlreiche Studien belegen, dass der Gehalt an Pestizidmetaboliten im Urin drastisch sinkt, wenn man vollständig auf Bio-Lebensmittel umsteigt. Der ökologische Landbau bietet viele gesundheitliche und ökologische Vorteile, da er den Bedarf an chemieintensiven Anbaumethoden verringert. Die schädlichen Auswirkungen von Pestiziden lassen sich durch regenerative Anbaumethoden und den Einsatz möglichst ungiftiger Schädlingsbekämpfungsmittel reduzieren. Angesichts der weit verbreiteten Anwendung pestizidfreier Alternativen können sowohl Privathaushalte als auch Beschäftigte in der Agrarindustrie diese Praktiken nutzen, um eine sichere und gesunde Umwelt zu schaffen.
       
        


Veröffentlichungsdatum: 06.09.2023